Die Glocken von St. Sebastian

Glocken und Geläute begegnen uns seit über 5000 Jahren. Mit dem Ausgang der Spätantike finden sie Eingang ins Christentum. Dort unterliegen sie seit jeher liturgischen und kirchenrechtlichen Bestimmungen.

Die Glocken verkünden den Herrschaftsanspruch Jesu Christi über die Welt. Sie rufen zum Gebet und zur Fürbitte, sie zeigen Zeit und Stunde an und erinnern damit an die Ewigkeit. Sie begleiten das Leben jedes Christen und das der Gemeinde zu verschiedenen Anlässen. Für diesen Dienst werden sie durch die Glockenweihe und durch ihre kirchenrechtliche Widmung bestimmt.

Glocken können in vielfältiger Weise und in ganz unterschiedlichen Klangvarianten genutzt werden. Sie gehören gemeinsam mit der Orgel seit dem frühen Christentum zum Musikinstrumentarium der Kirche. Ihre Bestimmung ist zugleich einladend und kündend: Sie rufen zur gottesdienstlichen Versammlung und lassen die Öffentlichkeit am Gottesdienstgeschehen teilhaben. Sie laden ein sich betend, gedenkend oder bei Gefahr sich und andere schützend zu beteiligen. Die Glocke ist ein Generationen verbindendes Kulturgut, jeder Generation zu neuem Hören, zur Nutzung und zur Pflege anvertraut.

Im Turm unserer Roisdorfer Pfarrkirche gibt es fünf Glocken, die alle einen Namen bzw. eine Widmung und eine Aufschrift haben:

Nr. 1 2 3 4 5
Name Sebastian für Kranke Hermann Josef Maria Josef
Ton C E G A a
Durchmesser 1782 mm 1414 mm 1189 mm 1059 mm ca. 830 mm
Gewicht 2300 kg 1500 kg 900 kg 750 kg 550 kg

Die kleinste Glocke (Nr. 5) ist dem hl. Josef geweiht. Sie trägt die (im Original lateinische) Aufschrift: St. Josef, beschütze uns vor dem Feinde und nimm uns in der Stunde des Todes auf. Sie stammt als einzige Glocke noch aus dem Jahre 1925 und war nicht, wie die anderen Glocken des Geläutes, für Kriegszwecke abgeliefert worden. Sie befindet sich im rechten Seitenturm und dient als Totenglocke.

Die vier anderen Glocken aus Stahl sind das dritte Geläut der Roisdorfer Kirche und stammen aus dem Jahre 1948.

Glocke Nr. 4 ist der hl. Gottesmutter Maria geweiht und trägt die Aufschrift: Treue Mutter Gottes, verteidige, beschütze und behüte das durch den leidbringenden Krieg heimgesuchte Volk. Sie wurde von Pfarrer Matthias Ossenbrink im 25. Jahre seines Priestertums gestiftet.

Glocke Nr. 3 ist dem hl. Hermann Josef geweiht und wurde von dem Landwirt Hermann Josef Grün, Oberdorfer Weg, gestiftet. Sie trägt die Aufschrift: Heiliger Hermann Josef, nimm uns in Schutz in der Stunde des Todes.

Glocke Nr. 2 ist den Kranken gewidmet und trägt die Aufschrift: Den Kranken zum Troste! Sie wurde von dem Arzt Dr. Wilhelm Gehlen, Bonner Straße, gestiftet.

Glocke Nr. 1 ist dem hl. Sebastian geweiht und trägt die Aufschrift: Heiliger Sebastian, leite die dir geweihte Pfarrgemeinde unter deiner Obhut! Sie wurde von der gesamten Pfarrgemeinde gestiftet.

Das Kirchenjahr und die Gottesdienstformen bieten vielfältige Möglichkeiten für eine differenzierte Nutzung des Geläutes. Ihre Einladung kann sich auf einen Gottesdienst als Ganzes beziehen oder auf einzelne Vorgänge des gottesdienstlichen Geschehens, wie z.B. das Geläut zum Gloria mit den Glocken 1-4 oder aus Anlass einer Taufe oder Trauung mit den Glocken 2-4.

Wenn ein Gemeindemitglied verstorben ist, wird dies durch das Läuten mit dem Josefsglöckchen, Nr. 5, bekannt gemacht. Aus Anlass einer Bestattung wird am Vortag der Beisetzung um 17 Uhr mit allen vier Glocken geläutet. Am Tag der Beerdigung, eine halbe 12 Stunde vor der Trauerfeier auf dem Friedhof, läutet nur die dicke Sebastianglocke. Eine halbe Stunde später, wenn die eigentliche Trauerfeier beginnt, wird wieder mit allen vier Glocken geläutet, die dann zum anschließenden Auferstehungsamt in die Pfarrkirche einladen.

Der Einladung dient auch das Angelus-Läuten zu den jeweiligen Gebetszeiten am Morgen um 7.00 Uhr, mittags um 12.00 Uhr und abends um 19.00 Uhr mit der Mutter-Gottes-Glocke Nr. 4.

Das Schweigen des Geläuts vom Gloria am Gründonnerstagabend bis zum Gloria der Osternachtfeier ist als Zeichen der Trauer zu sehen. Anstelle der wohlklingenden Glocken ziehen nun die Klepperkinder mit ihren Kleppern durch die Straßen und laden dadurch zu den Gebetszeiten am Morgen, Mittag und Abend ein.

Der Glockenschlag der Kirchturmuhr weckt Erinnerung an das Fließen der Zeit und das Vergehen alles Weltlichen. Das Einläuten des neuen Jahres mit allen vier Glocken kann als besonders nachdrückliche Zeitansage verstanden werden.

Die Glocken werden beginnend mit der kleinsten bis zur größten im Abstand von ca. 10 Sekunden geläutet. Die Dauer des Läutens entspricht dem jeweiligen Anlass. Beim Angelus- oder Betläuten beträgt die Zeit drei Minuten, bei Werktagsmessen vier Minuten mit den Glocken 3+4, bei Andachten vier Minuten mit den Glocke 2+4 und sonntags fünf Minuten mit den Glocken 1–4.

Die Glocken rufen in der Regel 30 Minuten vorher zum Gottesdienst. Anders ist es bei Hochfesten wie Weihnachten, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Fronleichnam oder besonderen Anlässen wie Jahresschluss, Maria Himmelfahrt oder Patronatfest. Dann läuten alle vier Glocken nicht nur 30 Minuten, sondern auch 15 Minuten vor dem Gottesdienst.

Das Glockenläuten ist ein wesentlicher Teil der Religionsausübung und daher durch das Grundrecht der Religionsfreiheit geschützt.

Ausführliche Informationen über die Geschichte der Roisdorfer Glocken finden Sie unter www.heimatfreunde-roisdorf.de.