Das Roisdorfer Sebastianuslied

Das Roisdorfer Lied zum heiligen Sebastian wurde am ersten Patronatsfest nach Ende des Zweiten Weltkrieges, also am 20. Januar 1946, in unserer Gemeinde eingeführt. In der vom damaligen Pfarrer Mathias Ossenbrink verfassten Pfarrchronik heißt es dazu:

In der Feier des Pfarrpatroziniums wird heute zum ersten Male in der Gemeinde das Lied zum hl. Sebastianus von Pfr. Pfriem, Langenprozelten, vertont von Kaplan Otto Henkel, gesungen.

Sebastian Pfriem (1883 - 1958) war in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis 1936 Pfarrer in Langenprozelten, einem Ort in Mainfranken, und verfasste das Lied offensichtlich zu Ehren seines Namenspatrons. Dr. Otto Henkel (1909 - 1971) stammte aus Düsseldorf und war ab August 1945 Kaplan in Roisdorf. Dass er der Kirchenmusik in besonderer Weise zugetan war, zeigte sich bereits zu Weihnachten 1945, als er, wie die Pfarrchronik berichtet, das Weihnachtsevangelium von sechs Knaben in deutsch singen (ließ), unterbrochen von Liedern des Volkes.

Insbesondere zum Patronatsfest, der sog. Kleinkirmes, wurde das Sebastianuslied von der Gemeinde fortan gerne gesungen. Irgendwann jedoch in den 1960er Jahren geriet es außer Gebrauch und war fast vergessen. Erst zu Beginn der 1990er Jahre besann man sich darauf, dass man doch ein eigenes Roisdorfer Sebastianuslied besaß, das erneut zu beleben sich lohnen könnte. Der Text war auf einem alten Osterkommunionbildchen (ca. 1960) überliefert. Die Melodie von Dr. Otto Henkel war aber nirgends notiert worden. Glücklicherweise gelang es dem passionierten Freizeit-Organisten Paul-Heinz Broel sie aus der Erinnerung zu rekonstruieren, hatte er sie doch in seiner Jugend von dem Roisdorfer Organisten der Nachkriegszeit, Willi Weber, gehört.

Der überlieferte Text des Liedes indes erschien als recht "blutrünstig" und nicht mehr zeitgemäß. Die Situation der Kirche war nicht mehr wie in den 1930er Jahren von Verfolgung geprägt; ein Martyrium, wie es viele standhafte Christen in der Zeit des Dritten Reiches hatten erleiden müssen, drohte nun nicht mehr, wenn auch die Notwendigkeit des Bekenntnisses zu Christus in einer stark verweltlichten Gesellschaft nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hatte. Im Auftrag des Liturgieausschusses des Pfarrgemeinderates unternahm daher im Jahre 1994 Dr. Ernst Gierlich eine Überarbeitung des Textes.

Der dreistrophige Aufbau und weitgehend auch der Refrain wurden beibehalten, die einzelnen Strophen jedoch gänzlich umgestaltet. So zeigt die erste Strophe den vor dem Kaiser seinen Glauben bezeugenden Sebastian als Vorbild in Zivilcourage: einen mutigen Bekenner des Glaubens in einer den Christen fremd gegenüber eingestellten Umwelt. In der zweiten Strophe erscheint Sebastian als mutiger Märtyrer in der Nachfolge Christi und als Heiliger, zu dem die Menschen aller Zeiten bei Krankheit und Pest Zuflucht nehmen. Als "Pestheiliger" und als Heiliger, dessen Wunden denen des schrecklichen Aussatzes glichen, wurde er auch seit Jahrhunderten in Roisdorf verehrt. Die dritte Strophe stellt Sebastian schließlich als Patron der 1891 gegründeten Roisdorfer Pfarrgemeinde vor, als mächtigen Fürsprecher in deren Anliegen.

In seiner erneuerten Form erfreut sich das Roisdorfer Sebastianuslied inzwischen wieder großer Beliebtheit. Gesungen wird es in der Gemeinde regelmäßig nicht nur zum Patronatsfest im Januar, sondern auch zur Großkirmes, dem Kirchweihfest im September. Aber auch die hl. Messen anlässlich der Feste der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft sind kaum noch ohne dieses Lied denkbar.

Weitere Informationen zum Roisdorfer Sebastianus-Lied sind zu finden unter www.heimatfreunde-roisdorf.de.